Die Präsidentin des Universitätsrats und der Rektor der UZH im Gespräch
Bildungsdirektorin Silvia Steiner und UZH-Rektor Michael Schaepman diskutieren im Interview über interdisziplinäre Vielfalt, die Zukunft des Medizinstudiums, die Ankunft der Kantonsschule Zürich Nord auf dem Campus Irchel, internationale Beziehungen und die Rolle der UZH in der Gesellschaft.
Silvia Steiner: Ohne interdisziplinären Ansatz geht heute gar nichts mehr. Probleme nur aus Sicht einer Disziplin anzuschauen, greift viel zu kurz. Die Wirklichkeit hält sich nicht an Fachgrenzen. Wir wollen unsere jungen Leute befähigen, komplexe Fragen zu verstehen und mehrschichtige Lösungen dafür zu finden. Sie müssen in der Lage sein, ihr Wissen in einen grösseren Zusammenhang zu stellen. Das gilt für alle Stufen – von der Schule bis zur Universität.
Michael Schaepman: Wer unterschiedliche fachliche Denkweisen miteinander verknüpft, wird offener, resilienter, kreativer und lernbereiter. Das sind grundlegende Fähigkeiten in einer Zeit, in der einmal gelerntes Wissen immer schneller überholt wird.
Silvia Steiner (67) studierte Rechtswissenschaften an der UZH und promovierte an der Universität Lausanne. Die Mitte-Politikerin war Staatsanwältin und Polizeioffizierin und ist seit 2015 Regierungsrätin des Kantons Zürich und Vorsteherin der Bildungsdirektion. Bis Ende 2024 war sie Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK). Seit 2024 ist sie Co-Vizepräsidentin der Schweizerischen Hochschulkonferenz (SHK). Als Bildungsdirektorin ist sie zugleich Präsidentin des Universitätsrats der UZH.
«Wer unterschiedliche fachliche Denkweisen verknüpft, wird offener, resilienter, kreativer und lernbereiter.»
Steiner: Man muss dieses Denken aktiv fördern. Was hilft mir mein Spezialwissen, wenn ich nicht einmal weiss, wie ich es fachfremden Menschen verständlich erklären kann? Dann bleibt das Wissen isoliert und nützt der Gesellschaft nichts. Es ist eine Führungsaufgabe, gute interdisziplinäre Forschungsgefässe und Bildungsangebote zu schaffen. Die UZH hat da in den letzten Jahren vieles auf den Weg gebracht, zum Beispiel die School for Transdisciplinary Studies oder Studienprogramme in fachübergreifenden Bereichen wie Biodiversität oder Digital Skills.
Schaepman: Der Trend zu interdisziplinären Ansätzen ist sowohl nachfrage- als auch angebotsgetrieben. Viele Studierende erkennen den Mehrwert, den interdisziplinäre Perspektiven für ihre Ausbildung und die spätere Berufslaufbahn bieten. Gleichzeitig erweitert die UZH ihr Angebot an interdisziplinären und auch internationalen Formaten. Beispiele dafür sind die praxisnahen Future-Skills-Kurse oder die im Rahmen der Hochschulallianz Una Europa entwickelten Joint-Bachelor-Programme in European Studies und Sustainability sowie neu geschaffene Studiengänge in Biomedizin, Wirtschaftschemie, Erdsystemwissenschaften oder evolutionärer Sprachwissenschaft.
Schaepman: Das Zusammenspiel lässt sich mit der Theorie der «T-shaped skills» veranschaulichen: Die vertikale Achse des T steht für die Tiefe der Expertise in einem Fachgebiet, während die horizontale Achse die Breite an überfachlichen Kompetenzen symbolisiert. Diese Kombination ist im Berufsleben zunehmend gefragt. Studierende können an der UZH je nach Wahl ihrer Studienprogramme oder Module unterschiedliche Akzente in «ihrem» jeweiligen T setzen.
«Der digitale Wandel ist ein Antrieb für die interdisziplinäre Zusammenarbeit.»
Steiner: Der digitale Wandel ist ein klassisches Querschnittsthema und ein starker Antrieb für die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Methodisch erleichtert er den Austausch, da alle Fachrichtungen auf denselben digitalen Werkzeugkasten zugreifen. Die Digitalisierungsinitiative der Zürcher Hochschulen (DIZH) und die Digital Society Initiative der UZH (DSI) zeigen vorbildlich, wie sich der digitale Wandel analysieren und aktiv mitgestalten lässt – durch fächerübergreifende Zusammenarbeit, auch mit anderen Hochschulen.
Schaepman: Digitale Technologien fördern die Vernetzung – sowohl zwischen Menschen als auch zwischen wissenschaftlichen Disziplinen. Sie erweitern die Bezüge zwischen vormals isolierten Wissenschaftsfeldern und eröffnen damit neue Kombinationsmöglichkeiten – auch in der Lehre. Dies zeigt sich zunehmend bei den digitalen Studierendenplattformen, die wir derzeit an der UZH aufbauen. Diese Plattformen ermöglichen es den Studierenden, ihr Studium künftig nicht nur flexibler und individueller zu planen und zu gestalten, sondern eben auch stärker interdisziplinär auszurichten.
«Die fundamentale Bedeutung der Grundlagenforschung für Innovationen wird häufig unterschätzt.»
Schaepman: Die UZH ist 2024 aus dem Times Higher Education (THE) Ranking ausgestiegen und prüft, sich auch aus einer Reihe weiterer Hochschulrankings zurückzuziehen. Viele Rankings beurteilen wissenschaftliche Leistungen einseitig und gewichten beispielsweise Quantität höher als Qualität. Dadurch entstehen falsche Anreize in der Wissenschaft. Das müssen wir nicht einfach hinnehmen. Universitäten können andere Anreize setzen. Viele tun das bereits, indem sie mit gezielten Förderinstrumenten eine offene Wissenschaftskultur unterstützen. Die UZH nimmt in diesem internationalen Trend eine Vorreiterrolle ein. Unsere Nachwuchs- und Forschungsförderprogramme ermutigen junge Forschende, sich fachübergreifend zu vernetzen. Ein Beispiel sind die Universitären Forschungsschwerpunkte (UFSP), die ausschliesslich interdisziplinäre Projekte fördern. Diese Programme sind hochkompetitiv, geniessen internationale Anerkennung und ziehen daher besonders talentierte Nachwuchsforschende an. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aus diesen Programmen hervorgehen, sind häufig nicht mehr in nur einem Fachbereich zu Hause. Sie bewegen sich selbstverständlich zwischen Disziplinen und tragen mit dieser offenen Haltung viel zur Weiterentwicklung der Wissenschaftskultur an der UZH und darüber hinaus bei.
Steiner: Was die Inhalte zukünfiger Schwerpunkte anbelangt, werde ich mich hüten, einen Wunsch zu äussern. Die Forschungs- und Lehrfreiheit ist mir heilig. Ich sage aber gern, dass ich die UFSP als Förderungsmodell für ausgezeichnet und für zukunftsweisend halte – eben weil sie die Interdisziplinarität fördern.
Schaepman: Das primäre Ziel der Grundlagenforschung ist es, die Welt besser zu verstehen – nicht aber, ein neues Produkt zu entwickeln. Und doch steht Grundlagenforschung am Anfang jeder Wertschöpfungskette. Wie fundamental ihre Bedeutung für Innovationen ist, wird häufig unterschätzt, weil sie ergebnisoffen ist und selten eine gerade und vorhersagbare Linie von der wissenschaftlichen Erkenntnis zur praktischen Anwendung führt. Ein Beispiel: Früher waren Telefone kabelgebunden und Fernsehgeräte waren mit Antennen versehen – heute ist es umgekehrt. Hinter diesem scheinbar einfachen Wandel steckt jahrzehntelange Grundlagenforschung. Es ist kaum vorhersehbar, welche Verknüpfungen von Ideen und Erkenntnissen am Ende zu erfolgreichen Erfindungen oder Firmengründungen führen. Aber dort, wo intensive und interdisziplinäre Grundlagenforschung betrieben wird, steigen die Chancen auf erfolgreiche Anwendungen. Dies zeigt sich auch an der UZH: Sehr viele unserer erfolgreichen Start-ups sind aus der Grundlagenforschung hervorgegangen.
Steiner: Wo Ideen aus verschiedenen Zweigen der Grundlagenforschung zusammenfliessen und auf Unternehmergeist treffen, entstehen gute Bedingungen für Innovationen. Für den Kanton Zürich ist es eine sehr vielversprechende Nachricht, dass sich das Raumfahrt-Konsortium Starlab Space im Innovationspark in Dübendorf ansiedeln wird – dort, wo auch die UZH mit dem Space Hub interdisziplinäre Weltraumforschung betreibt.
«Die Schweiz muss mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden – das ist eine breit anerkannte Notwendigkeit.»
Steiner: Die Schweiz muss mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden – das ist eine anerkannte Notwendigkeit. Der Universitätsrat hat die UZH beauftragt, im Rahmen des Projekts «Med500+» abzuklären, wie die Zahl der Medizinstudienplätze bei unverminderter Ausbildungsqualität um 270 erhöht werden kann. Gleichzeitig wird das Medizinstudium neu ausgerichtet. Es soll den heutigen Anforderungen gerecht werden: mit stärkerem Praxisbezug, weniger Frontalunterricht und mehr interaktiven Formaten. Ziel ist eine Ausbildung, die nicht nur Fachwissen vermittelt, sondern auch einen ganzheitlichen Blick auf Mensch und Gesundheit ermöglicht – und die Studierenden schon früh ins klinische Denken und Handeln einführt.
Schaepman: Die Reform des Medizinstudiums gibt auch Antworten auf die rasanten Entwicklungen in der modernen Medizin. Eine der Herausforderungen, die sich dabei stellt, ist der Trend zu ambulanten Behandlungen. Stationäre Behandlungen ermöglichen es Studierenden, am konkreten Fall über längere Zeit hinweg zu beobachten, welche Wirkungen medizinische Eingriffe haben. Ambulante Behandlungen hingegen erschweren es, diese grundlegende praktische Erfahrung zu machen. Um dies auszugleichen, setzt die UZH auf Simulationen, digitale Trainings und künstliche Intelligenz. Das ersetzt den direkten Patientenkontakt nicht, aber es ergänzt ihn und stärkt den klinischen Teil des Medizinstudiums.
Steiner: Dafür braucht es ausreichend Praktikumsplätze in Spitälern und Arztpraxen – eine Herausforderung, die nur in enger Zusammenarbeit mit den universitären Spitälern und weiteren Gesundheitsinstitutionen gemeistert werden kann. In den letzten Jahren haben wir dafür wichtige Grundlagen geschaffen. Auf gesetzlicher Ebene mit der erneuerten «Verordnung über die Forschung und Lehre der Universität im Gesundheitsbereich» (VüFL), auf struktureller Ebene mit dem Netzwerk Universitäre Medizin Zürich (UMZH), das sich als starkes Bindeglied zwischen Universität und Spitälern etabliert hat. Diese enge Vernetzung ist entscheidend für den Erfolg der Reform – mit Strahlkraft über Zürich hinaus.
«Über 2000 Schülerinnen und Schüler haben auf dem Irchel-Campus die grossartige Gelegenheit, Hochschulluft zu schnuppern.»
Steiner: Der Auftakt war sehr fröhlich und zugleich eindrucksvoll: Hunderte von Schülerinnen und Schülern der Kantonsschule Zürich Nord marschierten mit der ganzen Lehrerschaft im Rahmen einer bewilligten Demonstration von ihrem alten Standort auf den Irchel-Campus. So etwas gab es noch nie. Es war ein Umzug im doppelten Wortsinn. Für die über 2000 Schülerinnen und Schüler ist das Projekt eine grossartige Gelegenheit, Hochschulluft zu schnuppern. Und für die UZH ist es die beste Werbung. Die Rückmeldungen waren bisher sehr positiv. Die UZH zeigt sich als gut vorbereitete und tolerante Gastgeberin, was mich sehr freut. Und für die Vernetzung der Bildungsstufen bieten sich grossartige Chancen. Die Kantonsschule Zürich Nord ist das erste von fünf Zürcher Gymnasien, die bis 2033 gestaffelt auf den Campus Irchel ziehen. Dank der Zwischennutzung zweier Irchel-Gebäude können wir bis 2033 alle fünf Kantonsschulen baulich instand setzen.
Schaepman: Der Einzug der Kantonsschule Zürich Nord am Irchel verlief fast reibungslos, was angesichts des Umfangs dieses Projekts erstaunlich ist. Im Alltag wächst die neue Irchel-Gemeinschaft Schritt für Schritt zusammen und es entwickeln sich vielversprechende gemeinsame Projekte wie etwa der Austausch über Unterrichtsideen. Besonders vielversprechend ist das geplante Lehr-Lern-Projekt zur Kartografie der Milchstrasse: Auf dem Dach eines Irchel-Gebäudes soll ein Radioteleskop installiert werden, das von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, Studierenden und Forschenden genutzt werden kann. Gemeinsam werden sie Signale aus dem Weltall empfangen und analysieren.
«Die UZH stärkt ihre Fähigkeit, eigenverantwortlich und unabhängig auf internationaler Ebene zu agieren.»
Steiner: Das ist ein bedeutender Schritt für die Forschenden an der UZH und in der ganzen Schweiz. Die ERC Grants sind ja nicht nur eine wichtige Finanzierungsquelle, sondern auch ein Qualitätslabel, das Forschenden internationale Sichtbarkeit verschafft. Wer einen ERC Grant erhält, kann sich in einem hochkompetitiven internationalen Umfeld beweisen. Der Bundesrat hat sehr gut verhandelt. Besonders wichtig ist aus meiner Sicht, dass er keine Kompromisse bei der Zulassung zum Studium gemacht hat – die Schweizer Maturität ist weiterhin die Voraussetzung. Damit bleibt die hohe Qualität unseres Bildungssystems gewahrt.
Schaepman: Sowohl die Schweiz als auch die EU haben ein grosses Interesse an einer engen Forschungszusammenarbeit. Die exzellenten Schweizer Hochschulen stärken den Europäischen Forschungsraum, der wiederum für die Schweizer Forschung von grösster Bedeutung ist. Um die Dimensionen zu veranschaulichen: In meinem Fachgebiet, der Umweltfernerkundung, würde ich in der Schweiz mit ungefähr zehn bis 15 anderen Forschenden konkurrieren. Durch die Wiederassoziierung an Horizon Europe springt diese Zahl auf über 1000. Diese Form von europäischem Wettbewerb fördert die Qualität der Forschung. Die volle Assoziierung der Schweiz an die Forschungsprogramme der EU bleibt ein sehr wichtiges Ziel. Diese Programme strahlen weit über die EU hinaus, auch aussereuropäische Länder wie Kanada erhalten Zugang. Während in anderen Teilen der Welt zunehmend Barrieren errichtet werden, die den Wissensaustausch einschränken – was mir Sorgen bereitet –, öffnet der Europäische Forschungsraum viele Türen.
Schaepman: Unser akademisches System basiert auf dem freien Zugang zu Wissenschaft und Bildung. Daran wollen wir festhalten, auch wenn Staaten weltweit zunehmend Einfluss auf die Zusammenarbeit und den Wettbewerb in der Forschung nehmen. Viele internationale Kooperationen werden eingeschränkt oder mit Auflagen versehen. Für Universitäten ist es daher anspruchsvoller als früher, die wissenschaftliche Unabhängigkeit zu wahren und gleichzeitig international wettbewerbsfähig zu bleiben. Um unsere Verantwortung in der internationalen Zusammenarbeit wahrzunehmen, entwickeln wir Leitlinien, die uns helfen, differenzierte Entscheidungen für sensible Felder zu treffen. Ein Beispiel sind sogenannte Dual-Use-Bereiche, wo die Grenzen zwischen zivilen und militärischen Anwendungen zunehmend verschwimmen. In interdisziplinären Arbeitsgruppen – unter Beteiligung von swissuniversities und des Bundes – erarbeiten wir derzeit einen Handlungsrahmen, der ethische, rechtliche und politische Aspekte berücksichtigt. Damit stärken wir unsere Fähigkeit, eigenverantwortlich und unabhängig auf internationaler Ebene zu agieren.
«Die Wissenschaft schafft verlässliche und objektive Grundlagen für gesellschaftliche Auseinandersetzungen.»
Steiner: Wir müssen der jungen Generation die richtigen Werkzeuge mitgeben, damit sie ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen kann. Wir tun dies am besten, indem wir auf all unseren Bildungsstufen – von der Primarstufe bis hin zur Universität – nicht nur Spezialwissen vermitteln, sondern die Menschen befähigen, kritisch zu denken. So können sie sich gegen Fake News und Manipulationen wehren. Eine entscheidende Rolle spielt ausserdem auch die Wissenschaft: Sie schafft verlässliche und objektive Grundlagen für sachliche, faktenbasierte und kritische gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Zudem ist es wichtig, dass die Universität ihr Wissen zugänglich macht, ihre Türen offenhält für die Bevölkerung und auch Plattformen für öffentliche Debatten bietet. Alle diese fundamentalen gesellschaftlichen Aufgaben kann die Universität aber nur dann erfüllen, wenn sie ihre kritische Distanz und Unabhängigkeit wahrt. Die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre ist das höchste Gut der Universität. Davon hängt ihre Glaubwürdigkeit ab.
Schaepman: Die UZH bietet einerseits Orientierung und wirkt damit als Ruhepol in unruhigen Zeiten. Zugleich ist sie ein Ort des lebendigen Austauschs und kontroverser Debatten, bei denen es gelegentlich auch laut zu- und hergehen darf. Dabei gibt es klare Grenzen. Sie sind überschritten, wenn gegen ethische Grundsätze oder die Regeln des gegenseitigen Respekts verstossen wird oder wenn einzelne Gruppen versuchen, ihre Ansichten auf Kosten anderer durchzusetzen. Dann wehren wir uns. Die Freiheit zur Meinungsäusserung ist untrennbar mit der Freiheit von Forschung und Lehre verbunden. Themen sollen aus möglichst unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und reflektiert werden. Zwar kann nicht jede einzelne Veranstaltung an der UZH alle Standpunkte abbilden, aber das Gesamtangebot aller öffentlichen Veranstaltungen widerspiegelt ein breites Spektrum an Positionen und Meinungen.
«Die Freiheit von Forschung und Lehre ist nicht verhandelbar.»
Steiner: Risiken zu managen, bedeutet vor allem, die Verhältnismässigkeit geplanter Massnahmen auszuloten – ein Ansatz, der mir als Juristin sehr vertraut ist. Die UZH trägt wie jede grosse Organisation viel Verantwortung und muss Risiken in vielen verschiedenen Themenbereichen professionell und vorausschauend einschätzen. Grundsätzlich wurden an der UZH schon bisher weitreichende Entscheidungen auf Basis fundierter Risikoanalysen getroffen – mit dem Universitätsrat als Aufsichtsgremium. Neu ist, dass die UZH solche Abwägungen strukturierter als bisher gestaltet. Das schafft Klarheit und stärkt die Grundlage für fundierte strategische Entscheidungen.
Schaepman: Es gibt an der UZH Tätigkeitsbereiche, in denen grosse Vorsicht geboten ist, und solche, wo man etwas wagen muss. Unser zukunftweisendes Risikomanagement ist ein Werkzeug, das dabei hilft, jeweils angemessene Risikoentscheidungen zu treffen. So sind im Hinblick auf die Informationssicherheit strengste Vorkehrungen nötig, um bei einem Stromausfall Datenverluste zu verhindern. In der Forschungsförderung hingegen braucht es Mut zum Risiko. Belastet man interessante wissenschaftliche Projekte mit zu vielen Auflagen, riskiert man, jegliche Kreativität zu ersticken. Eine Risikoanalyse kann in diesem Fall helfen, einem gewagten Entscheid den nötigen Rückhalt und damit Freiraum zu verschaffen. Das Risikomanagement hilft also nicht nur dabei, Gefahren einzuordnen, sondern auch Chancen entschlossen zu nutzen.
Steiner: Oft sind es persönliche Erfahrungen, die eine enge Verbindung zur UZH schaffen. Viele Spenderinnen und Spender blicken mit Dankbarkeit auf ihr Studium zurück und möchten der Universität etwas zurückgeben. Viele wollen langfristig etwas Gutes für die Gesellschaft bewirken und unterstützen deshalb die Forschung und Lehre an der UZH. Finanzielle Zuwendungen sind ein Zeichen für das hohe Vertrauen in die UZH: Spenderinnen und Spender wissen, dass ihre Mittel verantwortungsvoll eingesetzt werden.
«Bildung ist die wichtigste Ressource, die wir in unserem Land haben, und die Grundlage für eine lebendige Demokratie.»
Schaepman: Vertrauen und Integrität sind entscheidend. Die UZH bekennt sich zu hohen Integritätsstandards. Die Freiheit von Forschung und Lehre ist nicht verhandelbar, Einflussnahmen auf Berufungsentscheide beispielsweise lehnen wir strikt ab. Ich bin überzeugt, dass die UZH gerade wegen dieser klaren Haltung zur akademischen Freiheit für Spenderinnen und Spender äusserst attraktiv ist. Zudem bleibt die Unabhängigkeit der UZH durch die öffentliche Finanzierung ihrer Grundleistungen in Lehre und Forschung gesichert. Spenden sind dabei ein wertvolles Mittel, um über den Grundauftrag hinaus innovative und gesellschaftlich relevante Projekte zu realisieren. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Vielfalt der UZH. Das breite Fächerspektrum der grössten Volluniversität der Schweiz ermöglicht immer wieder spannende interdisziplinäre Konstellationen, die Spenderinnen und Spender sehr ansprechen. So konnten wir 2024 dank einer grosszügigen Spende ein Forschungszentrum zur Untersuchung von Gewalt an Frauen einrichten, das sowohl die Theologie als auch die Naturwissenschaften einbindet.
Steiner: Dass die UZH ihre erfolgreiche Entwicklung fortsetzt – immer mit dem Ziel vor Augen, die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre zu wahren und der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Bildung ist die wichtigste Ressource, die wir in unserem Land haben, und die Grundlage für eine lebendige Demokratie.
Schaepman: Unser Fundament ist die Vielfalt. Durch die Verbindung unterschiedlicher Perspektiven und Fächer schaffen und vermitteln wir neues Wissen. Damit engagiert sich die UZH für eine nachhaltige Welt.