Campus-Storys

Arbeits­welten der UZH

Wie lernt man am Anfang einer wissen­schaft­lichen Karriere, auf eigenen Füssen zu stehen? Wie führt man ein Team im Tandem? Wie verbindet man Lernen und Lehren? Was passiert, wenn Auf­gaben sich verändern? Die Zukunft der Arbeit beginnt jeden Tag aufs Neue. Erfahren Sie, wie UZH-Mitarbeitende den Wandel mit­gestalten.

«Sie pusht mich und lässt mir Freiraum»

Eine Vorgesetzte, die sie fördert, ein Postdoc Grant, jede Menge wissen­schaft­liche Kontakte und ein ziemlich spezieller Arbeits­ort: Post­doktorandin Hanna Marti schätzt ihr Arbeits­umfeld und die guten Voraus­setzungen für eine aka­demische Karriere.


«Ich liebe es, hier am Tier­spital zu arbeiten. Ich habe mich zwar auf Mikro­biologie spe­zia­li­siert, bin aber aus­gebildete Veterinärin, und so schlägt mein Herz für Tiere. Diese befinden sich gleich neben meinem Büro, wo auf einer Wiese Pferde und Schafe grasen und ein über­eifriger Hahn kräht.

Ich arbeite und forsche am Institut für Veterinär­pathologie. Unsere Forschungs­gruppe umfasst rund 40 Mitarbeitende. Konkret untersuche ich, wie Anti­biotika­resistenzen von einer Bakterien­gruppe in eine andere über­tragen werden. Mein Modell­organismus ist das Bakterium Chlamydia suis, das bei Schweinen Augen­entzündungen und Durch­fall auslösen kann.

Von meinem Vollzeit-Pensum, das für ein Jahr durch einen UZH Postdoc Grant finanziert wird, kann ich 80 Prozent für meine eigene bio­medizinische Forschung nutzen. In der restlichen Zeit erledige ich haupt­sächlich Diagnostik­arbeiten, denn unsere Forschungs­gruppe ist das nationale und internationale Referenz­labor für Chlamydienabort bei Schafen und Ziegen. Kürzlich haben wir die Vor­arbeit dafür geleistet, dass der Nach­weis einer Infektion schweiz­weit neu mittels PCR-Verfahren erfolgen kann.

«Ich habe mich zwar auf Mikrobiologie spezialisiert, bin aber ausgebildete Veterinärin, und so schlägt mein Herz für Tiere. Diese befinden sich gleich neben meinem Büro im Tierspital.»

Hanna Marti

Postdoktorandin am Institut für Veterinärpathologie

Mein Alltag hängt stark davon ab, in welcher Phase sich mein Forschungs­projekt befindet. Führe ich Experimente durch, trifft man mich bereits um 5:30 Uhr im Labor an. Wenn es darum geht, eine wissen­schaft­liche Publikation oder Anträge für Forschungs­gelder zu verfassen, folge ich einem anderen Rhythmus: Ich schreibe gerne abends – und dies meistens zuhause. Dass die UZH mir diese Flexibilität gewährt und sich zu mobilem Arbeiten bekannt hat, schätze ich sehr.

Die unter­schied­lichen Aufgaben wie auch die vielen Kontakte machen meine Arbeit extrem abwechs­lungs­reich. Für die Diagnostik­arbeit bin ich im regen Austausch mit dem Bundes­amt für Lebens­mittel­sicher­heit und Veterinär­wesen sowie der World Organisation for Animal Health. Im Rahmen von interna­tionalen Forschungs­projekten an unserem Institut arbeite ich mit deutschen und kanadischen Forscherinnen und Forschern zusammen. Ihre Expertise kommt mir für meine eigene Forschung zupass.

Natürlich ist inter­nationale Zusammen­arbeit wichtig für eine wissen­schaft­liche Karriere. Doch: Auch die UZH bietet einen riesigen Fundus an Wissen. Für meine Forschung nehme ich häufig die Dienst­leistungen der UZH Forschungs­platt­formen, zum Beispiel die des Zentrums für Mikroskopie und Bild­analyse, des Functional Genomics Center Zurich oder der Cytometry Facility, in Anspruch.

Grund­sätzlich denke ich, dass wir uns an der UZH noch viel mehr ver­netzen und von­einander profitieren können. Einen ersten Versuch in diese Richtung habe ich selbst unter­nommen und auf Microsoft Teams die Platt­form ‹Equipment at Vetsuisse› auf­gesetzt. Darauf bieten Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter der Vetsuisse-Fakultät unter anderem Geräte zur gemein­samen Nutzung an oder tauschen übrig gebliebenes Reagenz­material aus Experimenten aus. Dadurch können wir letzt­lich auch einen Beitrag zur Nach­haltigkeit leisten.

Mein nächstes Karriere­ziel ist die Habilitation; ich hoffe, dass ich sie bis 2024 einreichen kann. Ich habe schon sehr früh gemerkt, dass mir eine wissen­schaft­liche Lauf­bahn zusagt. Das verdanke ich nicht zuletzt meiner Vor­gesetzten Nicole Borel – mit ihr arbeite ich bereits seit 2011 zusammen, sie hat mich auch während meines PhD betreut. Sie fordert mich stets dazu auf, mir Gedanken zu meiner beruf­lichen Karriere zu machen und mir kurz-, mittel- und lang­fristige Ziele zu setzen. Nicole pusht mich dort, wo ich hadere und lässt mir Frei­raum, wo ich ihn brauche – in meinem Forschungs­alltag und im Labor. Ausser­dem ist sie immer zur Stelle, wenn ich Unter­stützung benötige. Das gibt mir eine extreme Sicherheit.

Umgekehrt gebe auch ich gerne meine Erfahrungen als Jung­forscherin an Studierende oder Doktorierende weiter. Ich möchte ihnen ein wenig dabei helfen, ihre Hürden zu überwinden. Ich bin gemeinsam mit Enni Markkanen für zwei Mentoring-Programme an unserer Fakultät zuständig, ausser­dem vertrete ich den wissen­schaft­lichen Nach­wuchs an der Fakultäts­versammlung der Vetsuisse-Fakultät.

Ich finde, dass die UZH insgesamt sehr viele Förder­möglich­keiten anbietet. Nur schon der einfache Zugang zu wissen­schaft­licher Literatur ist sehr viel wert. Wer wie ich bereits an anderen Universitäten geforscht hat, weiss, dass das nicht selbst­verständ­lich ist. Auch der Postdoc Grant, von dem ich momentan profitiere, schliesst eine wichtige Lücke in der Nach­wuchs­förderung.»

Zur Person

Hanna Marti  forscht als Postdoktorandin am Institut für Veterinär­pathologie. Sie untersucht, wie Antibiotika­resistenzen von einer Bakterien­gruppe in eine andere über­tragen werden können. Ihr Modell­organismus ist ein Bakterium, das bei Schweinen vorkommt.

«Man muss offen für Neues sein»

Susanne Luchsinger arbeitet seit der Gründung der neuen Universitäts­bibliothek als Liaison Librarian. Im Tandem mit ihrer Kollegin von der Zentral­bibliothek betreut sie das Fach Philosophie. Sie mag die selbst­organisierte Zusammen­arbeit, davon profitiert auch das biblio­thekarische Angebot.

«Mein Arbeits­umfeld hat sich kürzlich ziemlich verändert. Seit Anfang 2022 arbeite ich als Liaison Librarian für die neue Universitäts­bibliothek (UB). Vor dem Zusammen­schluss der UZH-Bibliotheken in die UB leitete ich die Bibliothek des Philo­sophischen Seminars.

Da wir durch die Reorganisation enger mit der Zentral­bibliothek (ZB) zusammen­gerückt sind, arbeite ich im Tandem mit Andrea Sommaruga von der ZB. Gemeinsam betreuen wir das Fach Philosophie – Andrea an der ZB, ich an der UB.

«Dieses Jahr sind sehr viele unerwartete Aufgaben auf mich zugekommen.»

Susanne Luchsinger

Liaison Librarian an der Universitätsbibliothek

Als Liaison Librarian hat man verschiedene Hüte an. Wir sind Recher­chierende, Beratende und Teacher in einem. D.h. wir sind bei­spiels­weise für die Medien­auswahl, die inhalt­liche Erschliessung der Medien und die Bestands­pflege des Fachs Philosophie zuständig. Wir stehen Studierenden, Forschenden und Dozierenden für Fragen zur Literatur­recherche und -verwaltung, zum wissen­schaft­lichen Publizieren (Open Access) zur Seite oder bieten Kurse und Führungen in der Bibliothek an.

Mit Andrea Sommaruga war ich bereits vor der Reorganisation in Projekte involviert. Jetzt als Liaison-Librarian-Tandem arbeiten wir noch enger zusammen, davon profitieren wir beide. Wir erarbeiten zum Beispiel Kriterien, nach denen wir neue Literatur erwerben. Andrea konnte mir dabei neue Quellen aufzeigen. Zu zweit kommen wir auf neue Ideen. Wir inspirieren uns gegen­seitig bei der Frage, wie wir unser Dienst­leistungs­angebot erweitern oder optimieren können. Wir haben in diesem Herbst­semester das Coffee-Lectures-Programm auf die Beine gestellt, das in Themen wie swisscovery, Open Access oder Informations­management einführt. Ich glaube, wir ergänzen uns sehr gut! Andrea bietet zum Beispiel an der ZB Recherchekurse an, dadurch kennt sie die spezifischen Fragen der Studierenden besser – sie wiederum profitiert davon, dass ich an der Universität näher an den Forschenden und Dozierenden bin.

Andrea und ich tauschen uns regel­mässig via Microsoft Teams oder per Mail aus, ausser­dem arbeitet sie jeweils dienstag­vormittags bei mir im Büro. Alle Liaison-Librarian-Tandems der UB und ZB sind selbst­organisiert, so auch wir. Mir gefällt diese Organisations­form; sie erlaubt es uns, dass wir noch besser auf die individuellen Bedürf­nisse der Forschenden und Dozierenden des Philo­sophischen Seminars eingehen können. Kommen spezifische Aufträge, entscheiden wir selbst, wie wir sie best­möglich erledigen können. Wir können unsere Arbeit so gestalten, wie es uns richtig dünkt. Wir tauschen uns auch regel­mässig mit Kolleginnen und Kollegen anderer Fach­bereiche aus, das ist bereichernd. Als eine der Koordinatorinnen und Koordinatoren für alle Liaison Librarians im Bereich Geschichte, Kultur und Theologie der Universitäts­bibliothek (UBB 1) trage ich unsere Anliegen in die Bereichs­leitung.

Ich vertrete zudem die Leiterin dieses UBB1-Bereichs, Susanna Blaser-Meier. In dieser Funktion erledige ich u.a. konzeptionelle Aufgaben. Der UBB1-Bereich umfasst neben den Liaison Librarians die Abteilungen Medien- und Nutzenden­dienste. Da wir erst seit Anfang Jahr in dieser Form zusammen­arbeiten, gibt es viele neue Schnitt­stellen zu koordinieren und Work­flows zu definieren. Dazu habe ich ein Kommunikations­konzept für die UBB1 entworfen, das wir anschliessend im Leitungs­team verabschiedet haben. Es galt zu klären, ob wir einen News­letter lancieren, wie wir unsere Microsoft-Teams-Struktur und die generelle Daten­ablage gestalten, wer auf welche Daten Zugriff haben soll und vieles mehr. Die Weiter­bildungs­kurse der Zentralen Informatik zu One Note und Microsoft 365 waren dabei sehr hilfreich.

Ich finde die Viel­seitig­keit meiner Arbeit total spannend. Was meine Kern­kompetenz ist? Ich glaube, in meiner neu­geschaffenen Funktion muss man grundsätzlich offen für Neues sein und anpacken können. Dieses Jahr sind sehr viele unerwartete Aufgaben auf mich zugekommen, die ich ad hoc erledigen musste. Gerade bin ich dabei, ein Ein­arbeitungs­programm für einen Kollegen, der dem­nächst als Liaison Librarian beginnt, zusammen­zustellen. Ich werde ihn als Co-Mentorin begleiten. Eben­falls ein Glanzpunkt war die Organisation des Bücher­flohmarkts für die UZH-Angehörigen. Ich habe mich sehr gefreut, dass sich so viele meiner Bereichs­kolleginnen und -kollegen engagiert haben – letztlich war es auch ein Team­anlass.»

Zur Person

Susanne Luchsinger  ist Liaison Librarian für die neue Universitäts­bibliothek. Im Tandem mit ihrer Kollegin Andrea Sommaruga von der Zentral­bibliothek betreut sie das Fach Philosophie.

«Wir brauchen eine flexible Infrastruktur»

Der Biologe Bernd Bodenmiller arbeitet mit seiner Gruppe am Campus Irchel im neuen Gebäude UZI 5. Er schätzt die moderne Infra­struktur, die ihm für seine inter­dis­zipli­näre Labor­forschung eine hohe Flexi­bilität bietet.

«Der wissen­schaft­liche Schwer­punkt meiner For­schungs­gruppe ist die Präzisions­onko­logie. Unser Ziel ist es, zu bestimmen, wie jeder einzelne Krebs­patient und jede einzelne Krebs­patientin am besten behandelt werden sollte. Wir entwickeln Methoden, die es uns ermöglichen, Tumor­gewebe räumlich und auf der Einzel­zell­ebene zu messen. Mit diesen Methoden analysieren wir wiederum Patienten­kohorten- und klinische Studien, um daraus mit Algorithmen zu lernen, wie man die Behandlung individualisieren könnte.

Da wir in unserem Forschungs­programm den Bogen von der Methoden­entwick­lung bis zur klinischen Anwendung schlagen, ist unsere Arbeit methodisch und thematisch äusserst viel­fältig. Die inter­diszipli­näre Zusammen­arbeit ist all­tägliche Praxis in meinem Team. Dieses vereint Biologinnen und Biologen, Bio­tech­nologeninnen und Bio­tech­nologen, Bio­medizinerinnen und Bio­mediziner, Bio­infor­matikerinnen und Bio­infor­matiker. Jedes Team­mitglied forscht an einem eigenen Projekt, um dies aber von Anfang bis Ende durchführen zu können, braucht es auch die Expertise der Kolleginnen und Kollegen. Zum Beispiel arbeitet eine Biologin für ihr Forschungs­experiment zu Beginn mit einer Klinikerin zusammen, danach bespricht sie die Proben und Experimente mit einer Statistikerin und berät sich für die Aus­wertung der Daten mit einer Bio­informatikerin.

Diese unter­schied­lichen Auf­gaben­stellungen, Methoden, Fach­disziplinen und Konstel­lationen der Zusammen­arbeit erfordern nicht nur von meinem Team eine hohe Flexibilität, sie setzen auch eine flexible Infrastruktur voraus. Genau das bieten unsere Räume hier im UZI 5. Ich bin begeistert vom Neubau – zwischen unserer alten und neuen Arbeits­umge­bung liegen Welten. Früher war unsere Arbeit teil­weise räum­lich fragmentiert, jetzt sind die Abläufe und der Aus­tausch viel unkom­plizierter. Ausser­dem ist es einfacher geworden, die Räume je nach Bedarf neu zu bespielen.

«Zwischen unserer alten und neuen Arbeitsumgebung liegen Welten. Früher war unsere Arbeit teilweise räumlich fragmentiert, jetzt sind die Abläufe und der Austausch viel unkomplizierter.»

Bernd Bodenmiller

Direktor des Instituts für Quantitative Biomedizin

Bei der Planung unserer neuen Räum­lich­keiten waren wir eng ein­gebunden. Es war von Anfang an klar, dass wir künftig in einem Open Space mit Desk-Sharing arbeiten werden. Dieses Leit­bild haben wir pragmatisch umgesetzt und auf den indi­vi­duellen Bedarf ab­gestimmt. Heute arbeiten rund 20 Personen an einem fixen Platz, etwa 10 Personen teilen ihn sich mit Kolleginnen und Kollegen – dafür haben wir einen Raum mit flexibel nutzbaren Arbeits­plätzen. Zu Beginn war das Open-Space-Büro eine Umstellung, denn – will man andere nicht stören – muss man ein paar Regeln beachten. Inzwischen funktioniert das sehr gut und mein Team ist gegenüber der neuen Nutzungs­strategie positiv eingestellt.

UZI 5 bot uns auch die grosse Chance, Ressourcen zu sparen: Auf unserem Stock­werk teilen wir mit zwei anderen Forschungs­gruppen soweit wie möglich Labor­räume und alle generellen Räume wie das Chemikalien­lager. Apropos Nach­haltig­keit: Da viele Kon­feren­zen – schweiz­weit oder inter­national – hybrid organisiert sind, können wir uns per Zoom oder Teams zuschalten. Zudem fahren wir, sofern es möglich ist, mit der Bahn. Persön­lich finde ich es erleich­ternd, dass ich nun viele meiner Vor­träge online halten kann und da­durch weniger reisen muss. Wir setzen diese neuen Video­konferenz­tools auch ein, um uns unter­einander im Labor oder mit Forschungs­gruppen des USZ oder der ETH auszu­tauschen. Um online zu kommuni­zieren und zusammen­arbeiten zu können, nutzen wir Mattermost und Teams. Was mir daran gefällt, ist, dass man alle Unter­lagen und Diskussionen zu einem Thema gebündelt hat und wir innerhalb der Gruppe weniger E-Mails schreiben als früher.

Ich versuche meine Arbeit in fixe Blöcke zu gliedern und auf die Woche zu verteilen. So bleibt mir auch stille Zeit, um Lehr­veranstal­tungen vorzu­bereiten, an Publika­tionen zu arbeiten oder Grant-Anträge zu schreiben. Der Montag ist reserviert für Meetings mit den Leitungs­gremien der Konsortien in denen wir mit­wirken – wie etwa dem Tumor Profiler Center oder dem Swiss Personalised Health Network. Mindestens zwei Tage pro Woche reserviere ich für Gespräche mit meinen Forschenden. Wer sich mit mir treffen will, trägt sich in meinem Kalender ein. Diese Struktur ist bei einer grösseren Gruppe not­wendig, um alle Projekte gleicher­massen zu begleiten.

Mein Führungs­verständnis? Diese Frage muss ich vor dem Hinter­grund meines Auftrags beant­worten, nämlich Studierende und Nach­wuchs­forschende auszu­bilden sowie exzellente Forschung zu betreiben. Meine Rolle besteht darin, für meine Forschungs­gruppe eine Vision und Ziele zu entwickeln, Projekte zu begleiten, Innova­tionen voranzu­treiben und die dafür not­wendigen Gelder einzu­werben. Ebenso bedeutend sind Teaching und Coaching: Mein Ziel ist es, alle meine Team­mitglieder zu möglichst selbst­ständiger und gleich­zeitig kollabo­rativer Arbeit zu befähigen, da dies die Grund­lage ihrer zukünftigen Arbeits­welt sein wird. Wichtig ist mir auch, Doktorierenden und Post­doktoranden, in Phasen, wo es nicht wie geplant läuft, neue Wege aufzu­zeigen, sie zu motivieren oder etwas zu bremsen, wenn sie sich zu schnell in ein Projekt stürzen.

Ich bin kein Micro­manager, sondern grund­sätzlich jemand, der gerne Verant­wortung übergibt. So weiss zum Beispiel unsere Labor­managerin am besten, ob wir ein neues Gerät anschaffen müssen. In Retreats mit der gesamten Forschungs­gruppe besprechen wir gruppen­relevante Themen und entscheiden etwa gemeinsam, wie wir uns organisieren wollen. Gerade nach der Pandemie war es wichtig für uns zu definieren, wie wir wieder im Labor zusammen­arbeiten, wie wir Meetings gestalten und welche Social Events wir organisieren wollen.

Ich finde es gut, dass die UZH ein flexibles Arbeits­modell eingeführt hat. Es vergrössert den Spiel­raum, um zufrieden und produktiv arbeiten zu können. Gewisse schreiben lieber zuhause an einer Publikation oder der Doktor­arbeit, andere wiederum brauchen dazu die Umgebung des Büros. Jeder funktioniert anders, hat andere Bedürf­nisse. Das gilt auch für die Work-Life-Balance: Ich sehe, dass meine Mitarbeitenden unter­schied­liche Strategien verfolgen: Einige pflegen zeit­intensive Hobbies, was ihnen wiederum viel Energie für ihre Forschungs­arbeit gibt. Andere hingegen haben vor allem einen Lebens­fokus, ihre wissen­schaft­liche Karriere. Wichtig ist für mich, dass ich meine Team­mit­glieder dabei unter­stütze, heraus­zufinden, wie sie am besten arbeiten, und dies dann zu fördern.»

Zur Person

Bernd Bodenmiller  ist Professor für Quantitative Medizin. Seine Forschungs­gruppe entwickelt Methoden, um Gewebe um­fassend auf Einzel­zell­ebene zu analysieren, um dadurch mensch­liche Krank­heiten – insbesondere Krebs­erkrankungen – besser zu verstehen.

«Ich plane gerne»

Die Bachelor­studentin Mira Dhiraj Peiler macht wert­volle erste Arbeits­erfahrungen: Sie betreut als studentische Hilfs­kraft Mobilitäts­studierende und unter­richtet am Englischen Seminar als Tutorin. Um Studium und Job unter einen Hut zu kriegen, plant sie ihren Alltag gut.

«Mein Job als studen­tische Hilfs­kraft bei der Abteilung Global Student Experience ist meine erste Fest­anstellung. Ich betreue an zwei Tagen UZH-Studierende, die an einer anderen Universität im Aus­land studieren wollen. Ich beantworte ihre Anfragen zu einem Aus­tausch­studium per E-Mail oder berate sie direkt vor Ort am Schalter. Daneben kümmere ich mich um Stipendien­auszahlungen, publiziere die Programme von Partner­universitäten auf der Website oder führe auch mal eine Hinter­grundrecherche zu potentiellen Partner­universitäten durch.

«In meinem Job als studentische Hilfskraft entdecke ich das Universitätsleben nochmals von einer anderen Seite.»

Mira Dhiraj Peiler

Bachelor-Studentin

Die internationale Aus­richtung und die administrativen Auf­gaben gefallen mir sehr an meinem Job, ausser­dem entdecke ich das Universitäts­leben noch­mals von einer anderen Seite. Ich schätze es, dass ich mir meine Arbeit selbst einteilen und entscheiden kann, was ich wann erledige – das ermöglicht mir eine hohe Flexibilität. Am liebsten helfe ich mit, Anträge von Studierenden für ein Praktikums­stipendium im Aus­land zu prüfen. Ihre Bewerbungen sind ein bisschen ein Spiegel für meine eigene studentische Lauf­bahn. Ich habe gemerkt, dass es einige coole Dinge gibt, die man machen kann und die von der UZH unterstützt werden.

Ausserdem lerne ich unglaublich viel über Kommunikation – etwa bei der Beratung von Studierenden, durch das Verfassen von E-Mails an Partner­universitäten oder im Aus­tausch mit meinem Team. Wir arbeiten sehr eng zusammen. Die Atmosphäre ist auch sehr offen, sodass ich mich von Anfang an wohl­gefühlt habe.

Einmal die Woche halte ich am Englischen Seminar ein Tutorat zum Pflicht­modul «Language Skills and Culture». Ich erarbeite mit den Studien­anfängerinnen und Studien­anfänger die Grund­lagen des wissen­schaft­lichen Schreibens. Ich freue mich jeweils sehr darauf und finde es interessant zu erfahren, was die Studentinnen und Studenten motiviert, Englisch zu studieren. Abgesehen davon, dass ich durch das Tutorat den Stoff nochmals für mich festige, ist das Unter­richten eine wertvolle Erfahrung. Ich musste erst mal heraus­finden, wie man 90 Minuten ausfüllt oder wie man die Auf­merksam­keit der Studierenden morgens um 8 Uhr gewinnt.

Ob der akademische Weg etwas für mich wäre? Grund­sätzlich könnte ich mir das schon vorstellen. Aber ehrlich gesagt: Ich finde es allgemein noch sehr schwierig, mir eine berufliche Zukunft auszu­malen. Ich habe das Gefühl, noch gar nicht alles gesehen zu haben, was mich auch noch interessieren könnte. Deswegen strebe ich den Master an, um noch mehr in die akademische Welt ein­tauchen zu können. Passend zu meinen Studien­fächern – Englisch und Populäre Kulturen – könnte ich mir auch einen Job vorstellen, bei dem die Interna­tionalität im Vorder­grund steht. Meine aktuelle Anstellung gibt mir hierzu einen guten Einblick.

Was mir dabei hilft, Job und Studium zu kombinieren, ist erstens: Mein fixes Arbeits­pensum. Die zwei Arbeits­tage bei Global Student Experience orientieren sich an meinem Stunden­plan. Das ist ein grosser Luxus. Sehr viele Studierende, die neben­her arbeiten, haben diese Frei­heit nicht und müssen im Studium Abstriche machen. Wenn ich ein Seminar spannend finde, dann ist es eher der Job, der sich mir anpasst.

Zweitens bin ich ein sehr organisierter Mensch. Ich führe gerne Kalender und Planungs­listen, damit habe ich eine Über­sicht, was auf mich zukommt. Ich mache das nicht nur bei der Arbeit so, sondern auch im Studium und in der Freizeit. Dank dieser Organisation bringe ich alle Dinge unter einen Hut, die ich gern mache. Von aussen betrachtet, erscheint mein Leben also ziemlich durch­getaktet. Im Vergleich zu anderen Studierenden bin ich da vielleicht etwas auf der über­triebenen Seite.»

Zur Person

Mira Dhirai Peiler  studiert Englisch sowie Populäre Kulturen, sie schliesst ihren Bachelor dieses Jahr ab. Neben­bei arbeitet sie in einem Teil­zeit­pensum als studentische Hilfs­kraft im Team Global Student Experience.

«Gemeinsam sind wir stärker»

Sie ist Professorin, er Professor für Ent­wicklungs­pädiatrie an der UZH. Zusammen leiten Bea Latal und Oskar Jenni seit elf Jahren die Abteilung Ent­wicklungs­pädiatrie des Universitäts-Kinderspitals Zürich im Tandem. Im Folgenden erzählen sie, was eine gelingende Zusammenarbeit ausmacht.

Chat von Bea Latal:  «Lieber Oskar, könntest Du bitte kurz meine Präsen­tation für die Tagung am Montag durchlesen? Besonders die ein­gefärbten Stellen, weil sie unsere gemein­same Arbeit betreffen. Danke, Lg Bea.»

Chat von Oskar Jenni:  «Liebe Bea! Klar, mache ich am Wochen­ende. Wir haben ein Mitarbeiter­gespräch am Dienstag, ich würde mich gern vorher mit Dir aus­tauschen. Hast Du am Vor­mittag kurz Zeit? Herzlich, Oskar.»

Bea Latal:  Das ist Co-Leitung in Aktion. Chats wie dieser sind ein Beispiel für unsere gute Zusammen­arbeit, wir kommunizieren sehr viel miteinander. Wenn zwei Personen das Sagen haben, müssen sie in der Lage sein, effektiv zusammen­zuarbeiten. Wir teilen die Verant­wortung, treffen gemeinsame Ent­scheidungen und können gut kooperieren. Und das seit mehr als 11 Jahren!

Oskar Jenni:  Remo Largo wurde 2005 emeritiert. Ich habe damals die Leitung der Abteilung zunächst allein über­nommen, mit Bea als Stell­vertretung. Wir haben rasch gemerkt, dass es einfacher und vor allem entlastend ist, wenn man Verant­wortung teilen kann. Die Zusammen­arbeit zwischen Bea und mir war schon immer sehr gut; somit war die Co-Leitung im 2012 nicht nur eine rein organisatorische Entscheidung, sondern vielmehr das logische Resultat einer organischen Entwicklung. Die Führung im Tandem hat unsere Abteilung von 30 Personen im Jahr 2005 auf heute 100 Mitarbeitende in den Bereichen Forschung, Lehre, entwicklungs­pädiatrische Poliklinik, Logopädie und Fach­stelle Sonder­pädagogik anwachsen lassen. Vier Hände erledigen einfach mehr Arbeit als zwei!

«Wenn zwei Personen das Sagen haben, müssen sie in der Lage sein, effektiv zusammenzuarbeiten.»

Bea Latal

Professorin für Entwicklungspädiatrie

Latal:  Wir arbeiten wirklich Hand in Hand. Die Sicht auf gewisse Dinge kann aber auch einmal unter­schiedlich sein. Weil es zwischen uns eine Atmo­sphäre der psychologischen Sicher­heit gibt, können wir offen miteinander kommuni­zieren, eine andere Meinung äussern und kritische Fragen stellen. Liegt die Leitung nur bei einer Person, beeinflussen häufig deren indivi­duelle Vor­lieben und Erfahrungen die Führungs­entscheidungen. Dabei können andere Stand­punkte vergessen gehen. Wenn wir als Co-Leitung verschiedene Ansichten haben, dann sind wir zu einem Perspektiven­wechsel und einem sorg­fältigen, konstruk­tiven Dialog im positiven Sinn «gezwungen».

Jenni:  Co-Leitende müssen tatsächlich gut kommunizieren, sich in den anderen hinein­versetzen und dabei die Sicht­weise des anderen verstehen können. Und sie müssen bereit sein, Macht zu teilen. Man muss Vertrauen haben, dass der andere es schon gut macht. All dies führt zu einem besseren Arbeits­ergebnis. Eine gelingende Zusammen­arbeit in einer Co-Leitung kann zudem auch Vorbild für die gesamte Abteilung sein – im Sinne von: Komplexe Heraus­forderungen lassen sich «zusammen» im Team sehr erfolgreich meistern!

Latal:  Während ähnliche Fähig­keiten und Haltungen in der Führung hilfreich sind, ist es zugleich wichtig, dass sich die Interessen in anderen Bereichen durch­aus unterscheiden. So gehen wir – beispiels­weise in der Forschung – getrennte Wege und kommen uns nicht ins Gehege. (lacht) Wir wissen natürlich, woran der jeweils andere gerade arbeitet. Und wir unter­stützen uns auch.

Jenni:  Ich führe zum Beispiel die Zürcher Longitudinal­studien fort. Sie umfassen mehrere Lang­zeit­studien, die seit den 1950er-Jahren am Universitäts-Kinderspital Zürich durch­geführt werden. Im Moment untersuchen wir die erwachsenen, zum Teil im Renten­alter stehenden Studien­teilnehmenden – und so entsteht eine weltweit einzig­artige Lebens­spannen-Studie. Wir wollen dabei heraus­finden, welche Faktoren in der Kindheit und Jugend die Gesundheit und das Wohl­befinden im mittleren und höheren Erwachsenen­alter beeinflussen.

Latal:  Meine Forschungs­interessen betreffen die Entwicklung von Kindern, die ein Risiko für Entwicklungs­störungen aufweisen. Dazu gehören unter anderem früh­geborene Kinder, Kinder nach einer schweren Geburt und Kinder mit angeborenen Fehl­bildungen wie zum Beispiel komplexen Herz­fehlern. Dabei wollen wir verstehen, welche Kinder besonders vulnerabel sind, und Inter­ventionen entwickeln, welche die Entwicklungs­chancen dieser Kinder verbessern und dadurch zu einer höheren Lebens­qualität führen.

Jenni:  Was die Lehre betrifft, so haben wir die Aufgaben klar aufgeteilt: Bea verantwortet die Aus­bildung und studentische Lehre in der Entwicklungs­pädiatrie. Zudem ist sie Direktorin des Clinical Science PhD Programmes und des Nachwuchs­programmes «Filling the Gap» der medizinischen Fakultät. Ich bin zuständig für die Weiter- und Fortbildung in der Entwicklungs­pädiatrie: zum Beispiel für die post­gradualen UZH-Zertifikat­studien­gänge und den Basis­kurs Entwicklungs­pädiatrie, den alle angehenden Schweizer Kinder­ärztinnen und Kinder­ärzte absolvieren müssen. Darüber hinaus leite ich die fakultäre Beförderungs­kommission.

Latal:  Wichtig ist uns beiden auch die Förderung von Nachwuchs­forschenden. Wir betreuen beide Masters­tudierende und Doktoranden und Doktorandinnen in unseren jeweiligen Forschungs­projekten. Die Co-Leitung ermöglicht Synergien – zum Beispiel den gemeinsamen Research Lunch, den Retreat, die gemein­samen Kolloquien. Von diesem Auf- und Ausbau eines gemeinsamen Wissens­fundus inner­halb unserer Abteilung profitiert der Nach­wuchs enorm.

«Wir haben rasch gemerkt, dass es einfacher und vor allem entlastend ist, wenn man Verantwortung teilen kann.»

Oskar Jenni

Professor für Entwicklungspädiatrie

Jenni:  So manche Chef­etage hegt gegenüber Co-Leitungen immer noch gewisse Vor­behalte; das war zu Beginn unserer Zusammen­arbeit auch so. Es gibt ja durch­aus Beispiele, die gescheitert sind. In solchen Fällen braucht es eine sorg­fältige Analyse, aus welchen Gründen die Zusammen­arbeit nicht funktioniert hat.

Latal:  Es kann bei zwei Ver­antwort­lichen immer zu Unklar­heiten und Spannungen kommen. Vor­gesetzte und Team­mitglieder wissen womöglich nicht ad hoc, an wen sie sich bei Problemen wenden sollen. Die Zuständig­keiten der beiden Co-Leitenden müssen darum klar sein und transparent kommuniziert werden.

Jenni:  Fazit ist: Gemeinsam sind wir stärker. Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass die UZH uns beide 2020 zu ausser­ordentlichen Professoren ad personam für Entwicklungs­pädiatrie ernannt hat.

Latal:  Ein Jahr später erhielten wir von der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie den Guido Fanconi Gedenk­preis. Auch als Anerkennung für die Art und Weise, wie wir ein modernes Co-Leitungs­modell leben und das Gebiet der Entwicklungs­pädiatrie in der Schweiz und im Ausland bedeutend weiter­entwickelt haben.

Zu den Personen

Prof. Bea Latal,  Extraordinaria Entwicklungs­pädiatrie an der UZH, Co-Abteilungs­leiterin, leitende Ärztin der Abteilung Ent­wicklungs­pädiatrie, Fachärztin für Kinder- und Jugend­medizin, Schwer­punkt Ent­wicklungs­pädiatrie, Leiterin der Forschungs­gruppe «Children’s Heart and Development».

Prof. Oskar Jenni,  Extraordinarius Ent­wicklungs­pädiatrie an der UZH, Co-Abteilungs­leiter, leitender Arzt der Abteilung Ent­wicklungs­pädiatrie, Facharzt für Kinder- und Jugend­medizin, Schwer­punkt Ent­wicklungs­pädiatrie, Fähigkeits­ausweis für Schlaf­medizin, Leiter der Zürcher Longitudinal­studien über die kindliche Entwicklung.

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